Zu Gast bei der KESB Kreis Emmen
Kurt Felder, Präsident der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB Kreis Emmen
Kurt Felder ist seit 10 Jahren bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB Kreis Emmen. Der Präsident der Behörde empfing uns zum Interview im Verwaltungsgebäude in Emmen zum Gespräch. Er gab Einblicke in die Arbeit der KESB und was die Behörde im Erwachsenenschutz unterstützend für das Alter in Emmen möglich macht.
Freitagvormittag im braunen Gemeindeturm in Emmen. Im 7. Stock befindet sich die KESB (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde) Kreis Emmen und das Büro des Präsidenten Kurt Felder. 15 Mitarbeitende sind hier im Kindes- und Erwachsenenschutz beschäftigt und kümmern sich um die wöchentlich 8-15 eingehenden Neumeldungen sowie die Anträge der Beistandspersonen und die übrigen Verfahren. In rund 30% der Meldungen wird eine Massnahme angeordnet. Bei jährlich zunehmender Bevölkerungszahl im Einzugsgebiet nehmen die Meldungen zu. Gemäss Geschäftsbericht 2024 wurden per Ende Jahr 508 Massnahmen im Erwachsenenschutz geführt. Ungefähr 30% sind Beistandschaften für ältere Menschen.
Herr Felder, was sind die Grundsätze der KESB?
Es liegt uns sehr am Herzen, dass die Einwohnerinnen und Einwohner in unserem Einzugsgebiet ein möglichst eigenständiges und individuelles Leben führen können. Wir bemühen uns sehr, damit das machbar bleibt. Das ist die innere Haltung von jedem einzelnen Mitarbeitenden bei der KESB. Wir reflektieren intensiv darüber, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um die Würde jedes Menschen sicherzustellen. Es geht immer um Werte und darum, eine bevormundende Haltung zu vermeiden. Das ist eine Gratwanderung, da man natürlich auch eigene Werte mitbringt. Darum werden Entscheidungen immer zu dritt in einem interdisziplinären Team gefällt, was heisst, dass die Behördenmitglieder unterschiedliche berufliche Hintergründe haben müssen. Meistens sind es Sozialarbeitende oder Juristinnen und Juristen.
Inwiefern kommt die KESB in Zusammenhang mit dem Alter zum Zug?
Meistens gehen Meldungen bei uns ein, die isolierte ältere Menschen betreffen, die zunehmend Schwierigkeiten in der Alltagsbewältigung haben. Entweder der Hausarzt oder die Nachbarin werden darauf aufmerksam, wenn eine gewisse Verwahrlosung sichtbar wird, die zeitliche Orientierung nicht mehr stimmig ist; wenn z.B. eine ältere Person plötzlich spätabends aus dem Haus geht, die Fensterläden den ganzen Tag geschlossen bleiben oder mitten in der Nacht gekocht wird. Oder wenn der Aufenthalt im Akutspital Unterstützungsbedarf zu Tage bringt. Grundsätzlich ist es so, dass Meldungen eher eingehen, wenn keine Angehörigen präsent sind.
Gibt es weitere Bereiche, die bzgl. Alter relevant sind?
Die KESB ist zuständig für die Validierung von Vorsorgeaufträgen. Einen Vorsorgeauftrag zu erstellen, würde ich grundsätzlich jedem empfehlen. Es geht darum, zu regeln, wer über meine Angelegenheiten entscheidet, wenn ich urteilsunfähig werde. Meistens sind Personen aus dem jeweiligen privaten Umfeld als Vorsorgebeauftragte eingesetzt. Sie sollten am besten jünger sein als man selbst. Diese Person wird dann Vorsorgebeauftragte – klärt Finanzen, Wohnsituation und Gesundheitsfragen für mich. Macht man das nicht, wird im Falle einer Urteilsunfähigkeit eine Beistandschaft von der KESB eingesetzt.
Man kann den Vorsorgeauftrag wie ein Testament handschriftlich machen oder via Notar. Wenn ein solcher vorliegt, validiert die KESB diesen. Will heissen: Wir bestätigen die Urteilsunfähigkeit aufgrund des Arztberichts und prüfen die eingesetzte Vorsorgebeauftragte per Strafregister- und Betreibungsauszug. Ebenso befragen wir die Person, ob sie Vorsorgebeauftragte werden will.
Gibt es Besonderheiten, die in Emmen bestehen?
Ja. Die Gemeinde Emmen verfügt über einen Treuhanddienst für Betagte, der in den Betagtenzentren Emmen AG (BZE AG) und dem Vivale Sonnenplatz bei Eintritt zur Verfügung steht. Bei Vollmachterteilung kommt der Treuhanddienst über die Urteilsunfähigkeit hinaus zum Tragen. Eine Beistandschaft wird damit überflüssig. Dies ist ein besonderes subsidiäres Angebot, das in Emmen besteht. Auch sonst ist das subsidiäre Angebot in Emmen breit, von freiwilliger Einkommens- und Vermögensverwaltung über Sozialberatungsstellen bis hin zur Pro Senectute und der Kontaktstelle Alter Emmen.
Wie kann die KESB Seniorinnen und Senioren Unterstützung bieten?
Bei Seniorinnen und Senioren, die Unterstützung brauchen und kein Vorsorgeauftrag besteht, finden in der Regel zwei Arten von Beistandschaften Anwendung. Wobei zweitere Variante häufiger ist:
1. Begleitbeistandschaft: Die Beistandsperson hat eine beratende Funktion, telefoniert nach, bleibt dran, hat aber keine Vertretungs- oder Entscheidungskompetenz.
2. Vertretungsbeistandschaft: Die Beistandsperson hat Entscheidungskompetenz und Befugnis, sich um Administration und Finanzen zu kümmern. Wenn keine Angehörigen vorhanden sind, dürfen auch Gesundheitsfragen entschieden werden.
Gibt es ein Beratungsangebot, das man präventiv wahrnehmen kann?
Ein präventives Beratungsangebot würde den Rahmen der KESB sprengen. Grundsätzlich kann aber jeder eine Meldung bei der KESB einreichen. Wenn man unsicher ist, ob dies der richtige Weg ist, darf man sich jederzeit an die KESB wenden. Ich oder mein Kollege, Cedric Hauri, nehmen die Anfragen telefonisch wahr. Es ist mir wichtig, den Anfragenden zur Verfügung zu stehen. Das sind nicht immer einfache Fragen, die es zu klären gilt, z.B. wenn die Meldung die eigenen Eltern betrifft. Subsidiäre Angebote, wie beispielsweise die Kontaktstelle Alter Emmen oder Pro Senectute, die vorgelagert zu KESB-Massnahmen zum Zuge kommen, können da unterstützen.
Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen KESB und KAE aus?
Um obigen Fall aufzugreifen: Die KAE kann Angehörige beraten, Fragen klären. Auch kann hier geklärt werden, ob eine KESB-Meldung nötig wäre und wer diese im Optimalfall machen würde. Aufgrund von resultierenden Kränkungen bei einer betroffenen Person, muss das gut abgewogen werden, um ein zwingendes Unterstützungsangebot wie die Spitex nicht zu gefährden. Die Abstimmung zwischen den Stellen ist wichtig. Auch kann die KAE helfen, über die Tätigkeiten der Behörde aufzuklären, die Hemmnisse abzubauen. Die KAE hat eine Brückenbau-Funktion zwischen Klienten, Angehörigen und Behörde.
Herzlichen Dank, Herr Felder, für das Interview.
Schauen sie im Video, welche Aufgaben die KESB Kreis Emmen wahrnimmt:
Weitere Informationen zur Behörde finden sie hier.
Die KESB ist hier zu erreichen: kesb@emmen.ch oder 041 268 04 25.